Die große Laufbahn des Reichskanzlers Karl August Schattich vollzog sich in drei Abschnitten. Er kam aus mittleren Stellungen bei der Industrie. Eines Tages durfte er als Abgeordneter die Industrie in der Politik vertreten. Ja, dort gelangte er so schnell, als ob die Republik eigens für ihn errichtet wäre, auf den höchsten Posten. Unmöglich geworden, weil er seiner Auftraggeberin, der Industrie, als Reichskanzler zugewendet hatte aus öffentlichen Mitteln, was er irgend konnte, einmal gleich siebenhundert Millionen, kehrte er in ihre Mitte zurück.
Wir finden ihn in diesem dritten Abschnitt. Jetzt vertrat er umgekehrt bei der Industrie die Politik. Er wurde politischer Berater eines industriellen Konzerns. So konnte er ihm am besten nützen, ohne selbst dabei zu verlieren. Er gehörte sogar zu den vielfachsten Aufsichtsräten, sein jährliches Einkommen sank nie unter 400.000 Mark. Sein Feld waren die Beziehungen - nicht das Wissen um irgendeinen sachlichen Inhalt, nicht die Handhabung der Dinge, nicht, was Arbeit heißt, sondern die Beziehungen. Sein Feld waren Beratungssäle, Konferenztische und die Schlachtordnungen der Klubsessel. Er war ein Menschenbehandler, insoweit sie es zuließen. Sie ließen es aber aus Schlauheit zu, wie sie meinten. Denn so gut wie er hatten auch die anderen ihre Beziehungen, darunter ihn. Einer war immer des anderen Beziehung.
Reichskanzler a.D. Schattich blieb bei dem allen ein Führer, und niemand bezweifelte es. Sein so zeitgemäßer "Verein zur Rationalisierung Deutschlands" umfaßte alle, die, ohne die im Lande bestehenden Einrichtungen gewollt zu haben, jetzt wenigstens den Nutzen für sich beanspruchten. Reichskanzler a.D. Schattich, der Gründer des wichtigen und einflußreichen Vereins, erhielt ihn hauptsächlich dadurch aufrecht, daß er mit allem im ungewissen blieb. Er hatte gelernt, daß die Menschen nichts lieber und länger ertragen als das Unerfüllte, leere Hoffnung und das Wort ohne Sinn. Diese allgemeine Neigung kam seiner eigenen Natur entgegen. Angreifern erklärte er offen: "Ich bin entschlossen, mein Werk nicht dadurch zu gefährden, daß ich mich konkret ausdrücke" - was er auch gar nicht gekonnt hätte.
In Augenblicken, die nicht ohne innere Unsicherheit waren, half ihm eine Art wütender Kühnheit. Oft erhob er Anspruch auf etwas, das er seine überparteiliche Politik nannte - da sah man ihn wild entschlossen, keine Meinung zu haben. Sein Kopf war haarlos. In einem seiner seltenen Zeitungsartikel war er dafür eingetreten ...
Seguir leyendoexpand_more
Título : Die große Sache
EAN : 9783752602579
Editorial : Books on Demand
Fecha de publicación
: 15/2/21
Formato : ePub
Tamaño del archivo : 1.68 mb
Protección : Aucune
El libro electrónico Die große Sache está en formato ePub
- check_circle
Este eBook es compatible para su lectura en la aplicación Vivlio de iOs y Android.
- check_circle
Este eBook es compatible para leer en My Vivlio.
- check_circle
Este eBook es compatible para su lectura en el lector Vivlio.
- check_circle
Este eBook es compatible para su lectura en un e-reader Vivlio.
¿Quieres leer en un eReader de otra marca? Sigue
nuestra guía.
Conectarme
Mi cuenta