Ich bin.
In diesem einen kleinen Satz steckt mein ganzes Sein.
Und dieses Gefühl wird auch durch alle noch so spannenden Erfahrungen vieler Leben nicht verändert. Ich tue dennoch gerne so, als könnte ich mehr oder weniger werden als das, was ich bin. Ein Spiel, welches schon vorbei ist. Es war schon vor diesem Leben vorbei. Und so ist mein ganzes Leben ein Fluss zum ständigen Wahrnehmen des Seins.
Ich bin 1995 im einem schönen und lebendigen Ort am Main geboren und verbrachte dort sehr erlebnisreiche und bewegende Jahre. Wenn ich jetzt auf diese Zeit zurückschaue, fühlen sich diese 15 Jahre an wie ein ganzes, schnell gelebtes Leben – von einer Erfahrung in die nächste, bloß nicht innehalten. Nach dem Abitur nahm ich mir ein Jahr Zeit um dieses Leben, mit allem was dazugehörte, Ziele, Bestätigung, Energie, Familie, Abhängigkeiten, anzuschauen und es langsam loszulassen.
Ich studierte Weinbau und Önologie und sah dabei, dass Lernen und Prüfungen nichts mit Wissen am Hut haben. Ich begann, selbst zu studieren. Dabei erlebte ich den Fluss, die Begeisterung und Einfachheit von Wissen und gleichzeitig die Begrenzung.
In der Uni beobachtete ich Studenten, wie sie Oberflächlichkeit und Energiespiele mit Freiheit verwechseln und sich immer mehr darin verlieren. Wie Professoren im Schein von Wissen, Weisheitund Macht verschwinden und ich, an diesem Schein vorbei, das kleine Kind, die verbitterte Furie, die Unsicherheit oder Verzweiflung in ihren Gesichtern sehe.
All diese Erfahrungen, die Kämpfe mit mir selbst und das Drama zeigten mir, dass es nichts an meinem Gefühl des Seins ändert. Dass ich bin, in jedem Augenblick. Ich bin, bei allem, was ich tue.
Ich bin, wenn ich Menschen im Café, im Zug, in ihrem Leben, bei ihrer Arbeit zuschaue. Der strengen Bedienung, die alles im Griff hat, dem liebevollen, klaren und unnachgiebigen Schaffner, dem genialen Kellermeister, der dennoch immer Zweifel an seinem Können hat.
Ich bin, wenn ich als Lehrer anderen Menschen zusehe, wie sie mit sich selbst arbeiten und ihr geniales Sein entdecken. Ich bin, wenn ich einen Cappuccino mache, wenn ich ein Glas Wein trinke, wenn ich drei Töne auf dem Cello spiele.
Ich bin, wenn ich alleine in meiner Wohnung sitze, alleine spazieren gehe, alleine koche, alleine nichts tue. Ich bin.